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Der Eremit bei Grossenhain
31. Mai 2003

Ein europaweit geschützter Zabeltitzer

von U. Lehmann, Großenhain

Im Jahr 1763 veröffentlichte der Tiroler Naturforscher GIOVANNI ANTONIO SCOPOLI eine Arbeit zu den Insekten Kärntens (Österreich) [1]. In dieser beschrieb er, als erster entsprechend den Regelungen der Zoologie, einen großen schwarzen Käfer den er „SCARABAEUS Eremita“ nannte. Der Käfer ist inzwischen einer anderen Gattung zugeordnet und wird nun ausführlich „Osmoderma eremita (SCOPOLI, 1763)“ genannt - volkstümlich „Eremit“. Er zählt zu den seltensten und bedrohtesten Tieren Deutschlands. Seit etwa dreißig Jahren ist sein Vorkommen in Zabeltitz bekannt.

Buchscan
Die Erstbeschreibung des Eremiten von G.A. SCOPOLI in Latein.

In der waldarmen Großenhainer Pflege ist ein Besuch in Zabeltitz stets ein beeindruckendes Erlebnis. Hier stehen noch wirklich alte knorrige Laubgehölze, genau diese braucht der Eremit zu seiner Entwicklung. Ausgehend von einem Astabbruch oder einer Blitzrinne entwickelt sich im Lauf der Zeit durch natürliche Vorgänge eine Höhlung, welche der Käfer besiedelt. Seine Larven - die übrigens Maikäfer-Engerlingen ähneln - fressen das langsam faulende Holz. Der Eremit war früher weit verbreitet, aber wohl zu keiner Zeit häufig; das Zabeltitzer Vorkommen ist offensichtlich ein Relikt der ursprünglichen Röderaue. Sicher wurde, sobald ein unterspülter Baum eine Schneise schlug und einen anderen Anbrüchigen der Sonne freigab, dieser vom wärmeliebenden Einsiedler angenommen. Über viele Eremitengenerationen - oft mehrere Jahrzehnte - vollzieht sich dann das Leben unbemerkt im Inneren. Nur selten, besonders an heißen Tagen, kann man ein Tier am Stamm sitzend beobachten. Dieser schwarz erzglänzende Geselle hat bis dahin bereits drei bis vier Jahre als gekrümmte weiße Larve zugebracht, um sich danach im selbstgebauten Kokon [2] zu verpuppen. Im späten Frühjahr geschlüpft hat er nur wenige Wochen Zeit um für den Erhalt seiner Art zu sorgen, bevor sein Leben endet.

Der Park und die Umgebung von Zabeltitz bietet viele mehr oder minder freistehende Bäume, eben solche die vom Käfer bevorzugt werden. Auch der nur mäßige Unterwuchs erleichtert dem trägen, nur selten fliegenden Tier die Neubesiedelung des nächststehenden geeigneten Biotops. Dieses versteckte Leben in hohlen Bäumen erklärt zum einen die Namensgebung „eremita“, zum anderen die Ursache der Bestandsgefährdung. Durch übertriebene „Pflegemaßnahmen“, die anbrüchigen Bäumen all zu schnell der Garaus machen, zählt dieser Lebensraum zu den dramatisch schwindenden in ganz Europa. Hohle Bäume beherbergen ungezählte Insektenarten, oft in komplexer Beziehung zueinander. So manch graziler farbenfrohe Blütenbesucher entwickelt sich im Holzmulm. Andere Insekten stellen gar diesen Bewohnern nach und wieder andere nutzen die Höhlung nur zum vorübergehenden Aufenthalt. Der Eremit repräsentiert diese bedrohte Vielfalt des Lebens in Hohlbäumen und zählt deshalb zu den prioritären Arten der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH). Alle EU-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet die Vorkommen zu schützen und die weitere Entwicklung zu dokumentieren. Übrigens haben Eremiten einen sehr eigenartigen Geruch. Dieser erinnert an mit Juchtenöl imprägniertes Leder - „Russisch Leder“. Ein regionaler Eremit ist bereits in die aktuellste Fachliteratur eingegangen. Das bisher publizierte maximale Maß für diese Art von 39 Millimetern, beruht auf einem Zabeltitzer Fund.

Eremit
Der Eremit, einer der seltensten einheimischen Käfer,
kann eine Größe von fast 4 Zentimenter erreichen.

Beitrag erstmalig publiziert: LEHMANN, U. (2003): Ein europaweit geschützter Zabeltitzer - Großenhainer Stadt- und Landkalender - Jahrbuch 2004, Gräser Verlag Großenhain: 94–95.

Tags: buerokratie, ffh, kaefer, naturschutz, osmoderma.
Zum FFH-Monitoring des Schwimmkaefers Graphoderus bilineatus
2. Juli 2005

Die Bedeutung alter Funddaten für die aktuelle Naturschutzpraxis, insbesondere für das FFH-Monitoring

Mit Aktualisierung

Es wird gezeigt, dass für eine verantwortbare Naturschutzpraxis auf die Würdigung zurückliegender Funddaten, insbesondere als Grundlage des FFH-Monitoring, nicht verzichtet werden kann. Als Beispiel dienen zwei Literaturmeldungen zum Schwimmkäfer Graphoderus bilineatus (DEGEER , 1774) für die sächsische Fauna. Die Nachweise betreffen die Jahre 1921 und 1964, die vom behördlichen Naturschutz in Sachsen (noch) als nicht-FFH-Monitoring-relevant ignoriert werden. Es wird deren Zuverlässigkeit geprüft. Die Konkretisierung der Fundorte und Fundumstände wird versucht und die Ergebnisse werden in Bezug zum sächsische FFH-Monitoring bewertet.

Inzwischen konnte in der Region der Schwimmkäfer wiederholt gefunden werden!

PDF - Die Bedeutung alter Funddaten für die aktuelle Naturschutzpraxis, insbesondere für das FFH-Monitoring
Tags: artenschutz, buerokratie, ffh, graphoderus, kaefer, monitoring.

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